Flughafen Köln/Bonn

Stand der Privatisierung der Luftsicherheitskontrollen an deutschen internationalen Verkehrsflughäfen

Quelle: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages

Ausarbeitung:

Stand der Privatisierung der Luftsicherheitskontrollen (Passagierkontrollen in der Zuständigkeit der Bundespolizei) an deutschen internationalen Verkehrsflughäfen!

Die vorliegende Ausarbeitung behandelt die Privatisierung der Luftsicherheitskontrollen und nimmt insoweit die nationale Rechtslage in den Blick. Im Übrigen beruhen die Maßnahmen der Luftsicherheit auch auf internationalen Vorgaben und werden inhaltlich in erster Linie durch EU-weit einheitliche Sicherheitsvorschriften vorgegeben.

Rechtsgrundlagen

Zweck des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG), auf dessen Grundlage insbesondere Personen- und Gepäckkontrollen erfolgen, ist der Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen, § 1 LuftSiG. Luftsicherheitskontrollen dienen also in Abgrenzung zur Abwehr betriebsbedingter Gefahren, die dem Luftverkehr immanent sind, der Abwehr äußerer Gefahren. Damit handelt es sich bei den Passagier- und Gepäckkontrollen nach § 5 Abs. 1 LuftSiG um hoheitliche Aufgaben zur Gefahrenabwehr und „nicht um eine privatrechtliche Verpflichtung der Flughäfen oder der Luftfahrtunternehmen oder um eine Verpflichtung im Rahmen ihrer Eigensicherungspflichten […], sondern um eine den Staat treffende, öffentlich-rechtliche Verpflichtung“. Bereits die Vorgängervorschriften von 1980 und 2005 basierten auf der gesetzgeberischen Auffassung, dass es sich bei der Abwehr äußerer Gefahren um eine staatliche und nicht um eine private Aufgabe handeln sollte.

Das LuftSiG überträgt diese hoheitliche Aufgabe den Luftsicherheitsbehörden des Bundes und der Länder. An fast allen deutschen internationalen Verkehrsflughäfen liegt die Zuständigkeit bei der Bundespolizei, § 16 Absatz 3a Satz 2 und 3 LuftSiG und § 4 Bundespolizeigesetz (BPolG). An den übrigen Flughäfen liegt die Zuständigkeit bei den Ländern.

Nach § 16a Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG kann die zuständige Luftsicherheitsbehörde natürlichen Personen sowie teilrechtsfähigen Vereinigungen und juristischen Personen des Privatrechts als Beliehenen die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben bei der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 bis 3 LuftSiG übertragen.

Insofern handelt es sich bei Durchführung der Luftsicherheitskontrollen als hoheitlicher Aufgabe, für die sich der Staat des Personals privater Sicherheitsdienstleister bedient, um eine funktionale Privatisierung, bei der die Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung beim Träger der öffentlichen Verwaltung verbleibt, die Planung, der Vollzug oder die Finanzierung der Aufgabe hingegen ganz oder zum Teil auf einen Privaten übertragen wird.

Aktueller Stand der Privatisierung

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit 15 internationale Verkehrsflughäfen. Für zwölf dieser Flughäfen erfolgte eine Rückübertragung der Luftsicherheitsaufgaben an den Bund. An diesen Flughäfen besteht eine Zuständigkeit der Bundespolizei (BPOL) als Luftsicherheitsbehörde. Die Passagier- und Gepäckkontrollen gemäß § 5 LuftSiG werden von privaten Sicherheitsdienstleistern unter der Fachaufsicht der Bundespolizei durchgeführt. Die Aufträge für die entsprechenden Kontrollaufgaben werden von der Bundespolizei in Zusammenarbeit mit dem Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) ausgeschrieben. In der Regel haben die Verträge eine Laufzeit von vier Jahren mit einer Verlängerungsoption für ein weiteres Jahr.

Neu ist seit 1. Januar 2023 die Organisation der Luftsicherheitskontrollen am Flughafen Frankfurt am Main. Erstmalig werden nicht Einzelpersonen mit der Durchführung der Sicherheitskontrollen beliehen, sondern die Fraport AG als juristische Person des Privatrechts. Als Beliehene der Bundespolizei kann Fraport so künftig die Dienstleister auswählen und auch die Ausschreibungsbedingungen aufsetzen.

Für die Luftsicherheitsaufgaben an den Flughäfen München, Münster/Osnabrück und Nürnberg sind die jeweiligen Bundesländer zuständig

Am Flughafen München führt die Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München mbH (SGM), eine zu 100 Prozent dem Freistaat Bayern gehörende non-profit-Gesellschaft, im Auftrag und unter fachlicher Aufsicht des Luftamtes Südbayern die Passagier- und Gepäckkontrollen durch.

Am Flughafen Nürnberg werden die Passagier- und Gepäckkontrollen von der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen Nürnberg mbH (SGN) durchgeführt. An der SGN ist mit 49 % ein privater Gesellschafter beteiligt, sie befindet sich aber im Übrigen im Mehrheitseigentum des Freistaats Bayern. Da der Freistaat Bayern (Mehrheits-)Eigentümer der SGM und der SGN ist, entfällt nach § 108 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die Verpflichtung, regelmäßig auszuschreiben. Auch hier werden die Luftsicherheitsaufgaben durch hoheitlich beliehene Mitarbeiter ausgeführt. Eine Konstellation wie im Falle der SGN sei nach Aussage des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr unter den heute geltenden vergaberechtlichen Rahmenbedingungen allerdings nicht mehr möglich.

Die Luftsicherheitskontrollen am Flughafen Münster/Osnabrück werden nach Auskunft des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen von der FMO Security Services GmbH, einer Tochtergesellschaft des Flughafens Münster/Osnabrück, durchgeführt.

Eine Übersicht der an den jeweiligen Flughäfen im Bereich der Passagierkontrollen tätigen Dienstleister:

  • Flughafen Berlin/Brandenburg (BER) – Dienstleister: Securitas – Auftragslaufzeit bis 31.03.2025
  •  Flughafen Bremen (BRE) – Dienstleister: I-Sec – Auftragslaufzeit bis 30.04.2026
  • Flughafen Dresden (DRS) – Dienstleister: ESA Luftsicherheit – Auftragslaufzeit bis 31.12.2026
  • Flughafen Düsseldorf (DUS) Dienstleister: Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) – Auftragslaufzeit war ursprünglich bis 31.12.2023 wurde aber um ein Jahr bis zum 31.12.2024 verlängert
  • Flughafen Erfurt-Weimar (ERF) Dienstleister: ESA Luftsicherheit – Auftragslaufzeit bis 31.05.2024
  • Flughafen Frankfurt a. M. (FRA) – Dienstleister: FraSec, I-Sec und Securitas – Fraport AG verantwortlich seit dem 01.01.23
  • Flughafen Hamburg (HAM) – Dienstleister: FraSec – Auftragslaufzeit bis 31.12.2026
  • Flughafen Hannover – Dienstleister: Securitas – Auftragslaufzeit bis 31.08.2024
  • Flughafen Köln/Bonn (CGN) – Dienstleister: Securitas – Auftragslaufzeit bis 30.06.2025
  • Flughafen Leipzig/Halle (LEJ) – Dienstleister: Securitas – Auftragslaufzeit bis 31.03.2025
  • Flughafen München (MUC) Dienstleister: SGM – die Sicherheitsgesellschaft ist eine zu 100 Prozent dem Freistaat Bayern gehörende non-profit-Gesellschaft (im öffentlichen Dienst)
  • Flughafen Nürnberg – Dienstleister: SGN – die Sicherheitsgesellschaft befindet im Mehrheitseigentum des Freistaats Bayern (im öffentlichen Dienst)
  • Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) – Dienstleister: FMO Security Services GmbH ist eine Tochtergesellschaft des Flughafens Münster/Osnabrück (im öffentlichen Dienst)
  •  Flughafen Saarbrücken (SCN) – Dienstleister: ICTS – Auftragslaufzeit bis 31.03.2025
  • Flughafen Stuttgart (STR) – Dienstleister: FraSec – Auftragslaufzeit bis 31.10.2024

Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode enthielt den Auftrag, die bestehende Organisation, Aufgabenwahrnehmung und -verteilung für die Luftsicherheit zu begutachten und konzeptionelle Vorschläge erarbeiten zu lassen, um diese in Deutschland einheitlicher und effizienter zu gestalten. Das vom BMI mit dieser Untersuchung beauftragte Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung veröffentlichte im Jahr 2021 eine an einigen Stellen redaktionell überarbeitete Version der ursprünglichen Studie von 2020 mit u.a. einer ausführlichen Analyse der bestehenden Organisation und Aufgaben-/Zuständigkeitsverteilung im Bereich Luftsicherheit.

Anmerkung: Die Zuständigkeit für die Passagierkontrollen an den weiteren NRW-Flughäfen (Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Weeze am Niederrhein) liegt bei den Bezirksregierungen.