von Özay Tarim ver.di Gewerkschaftssekretär
BDLS Mitgliedsunternehmen Deutscher Schutz- und Wachdienst
Flughafen Düsseldorf: Unfassbare vorläufige Auftragsvergabeentscheidung für die Durchführung der Fluggastkontrollen (§ 5 LuftSiG)!
Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) soll mindestens weitere 4 Jahre weitermachen!
Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums beabsichtigt erneut – nach öffentlicher Ausschreibung – die unzuverlässige Firma DSW mit der Durchführung der Fluggastkontrollen (§ 5 LuftSiG) am Flughafen Düsseldorf für weitere 4 Jahre plus Verlängerungsoption zu beauftragen.
Für uns ist die beabsichtigte erneute Auftragsvergabe vom Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums an DSW unfassbar und nicht nachvollziehbar. Dieses Unternehmen ist in den letzten Jahren NUR negativ in Erscheinung getreten. Gegen keinen anderen Dienstleister in der Luftsicherheitsbranche gab es so viele juristische Verfahren, wie gegen DSW. Allein der Betriebsrat war gezwungen über 60 (!) Klageverfahren gegen DSW vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf zu führen. Hinzukommen noch zahlreiche Klagen von einzelnen Beschäftigten. Verbriefte Arbeitnehmerrechte sowie die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats wurden in den letzten Jahren mehrfach offen ignoriert und missachtet. Dieser Dienstleister des Staates ist am Arbeitsgericht Düsseldorf seit Jahren Dauergast. Kaum vorstellbar, aber wahr ist auch die Tatsache, dass sowohl die DSW-Geschäftsführerin Nicole Opperman (auch Vize-Präsidentin des Arbeitgeberverbands BDLS) als auch die Teilzeit-Niederlassungsleiterin Mehtap Khalaj in den letzten vier Jahren an KEINER einzigen Betriebsversammlung teilgenommen haben. Schlimmer noch: die gesetzlich vorgeschriebenen Betriebsversammlungen werden von diesem Dienstleister offen behindert und torpediert. DSW will offenbar keinen demokratischen Diskurs im Betrieb. Der Betriebsrat führt aktuell vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf deshalb eine Klage, um überhaupt Teilbetriebsversammlungen während der jeweiligen Arbeitszeit der Beschäftigten am Flughafen Düsseldorf durchführen zu können. Diese Klage ist sehr wichtig und notwendig, weil die Firma DSW die Teilnahme der Beschäftigten an den Teilbetriebsversammlungen während ihrer jeweiligen Arbeitszeit verhindert. Die Performance von der DSW im gesamten Auftragszeitraum ist erschreckend. Mit der Auftragsübernahme im Juni 2020 hatte die Geschäftsführung großmäulig posaunt, dass in der Sicherheitskontrolle nie wieder Personalprobleme entstehen werden und DSW jederzeit die Anforderungen der Bundespolizei erfüllen wird. Was dann folgte, war ein Desaster:
- Massenentlassungen (ca. 100 krankheitsbedingte Kündigungen) in der Coronazeit,
- missbräuchlicher Umgang mit Kurzarbeitergeld für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
- abgelehnte Elternzeitanträge,
- Einschüchterung von Beschäftigten,
- Umgehung von Arbeitsgerichtsurteilen,
- Personalmangel,
- Einsatz von Fremdpersonal und Hilfskräften,
- Flickschusterei mit zusätzlich von der Bundespolizei beauftragten Sicherheitsfirmen um Personallücken in der Fluggastkontrolle zu stopfen,
- zwei Abmahnungen im Jahr 2022 von der Bundespolizei wegen schlechter Auftragserfüllung,
- Inflationsausgleichsprämie als Entlassungsprämie,
- über 400 sachgrundlos befristet Beschäftigte,
- Hire and Fire mit befristet Beschäftigten (Stichwort: Bildungsgutscheine von der Agentur für Arbeit) usw. usw.
Die Liste der Verfehlungen ist also extrem lang. Umso erstaunlicher ist jetzt die vorläufige Vergabeentscheidung des Staates mit dieser unzuverlässigen Firma weiter machen zu wollen. Für die Bundespolizei und das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums haben anscheinend bei der u. a. am Preis orientierten Auftragsvergabeentscheidung (für die hoheitliche Luftsicherheitsaufgabe) die wirtschaftlichen Interessen eine größere Rolle gespielt, als die Missstände und die rechtlichen Verfehlungen bei der DSW. UNFASSBAR!
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Negativ-Bespiele an den NRW-Flughäfen müssen zwingend die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten sowie die Mitbestimmungsrechte von betrieblichen Interessenvertretungen in den öffentlichen Auftragsvergabeentscheidungen gesondert berücksichtigt werden. Diese Bedingungen müssen unbedingt in den Dienstleistungsverträgen verbindlich niedergeschrieben werden, was bisher nicht der Fall war. Solche Unternehmen wie DSW dürfen nie öffentliche Aufträge erhalten. Wer seine eigenen Beschäftigten so vergrault, hat in der Luftsicherheitsbranche nichts zu suchen.
NRW-Landesarbeitsminister hatte die Probleme bei der DSW erkannt!
Die Probleme und Konflikte bei der DSW am Flughafen Düsseldorf sind dem Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann nicht verborgen geblieben. Der NRW-Arbeitsminister hatte uns als Interessenvertreter der Beschäftigten schon vor Monaten ins Ministerium eingeladen, um sich mit uns über die Probleme am Flughafen Düsseldorf auszutauschen.
Foto vom 07. Februar 2024 mit Minister Laumann
In diesem Gespräch mit NRW-Minister Laumann am 07. Februar 2024 haben wir neben den Konfliktthemen bei der DSW, auch über die Möglichkeiten einer Neuausrichtung der Luftsicherheitsaufgaben für NRW am Beispiel des „Münchener-Modells“ gesprochen.
Erstaunlich: Das NRW-Ministerium interessiert sich für die Probleme der Beschäftigten bei der DSW, aber das zuständige Bundesministerium für die Luftsicherheit anscheinend überhaupt nicht!
Wie geht es jetzt weiter?
Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums hat noch bei der endgültigen Auftragsvergabe folgende gesetzliche Regularien zu befolgen.
Gemäß § 101a Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, hat der Auftraggeber die betroffenen Arbeitgeber, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühsten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für die Arbeitgeber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Arbeitgeber ergangen ist. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Sätzen 1 und 2 geschlossen werden. Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf 10 Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber.
Frist für Einspruch/Widerspruch zur Auftragsvergabe endet erst Ende September 2024:
Für unseren Fall bedeutet dies, dass die Frist für mögliche Einsprüche/Widersprüche gegen die Auftragsvergabe – angesichts der Information der Unternehmen durch den Auftraggeber am 18./19. September 2024 auf elektronischem Wege bzw. per Fax – erst Ende September 2024 endet. Demzufolge ist die Auftragsvergabe bislang noch nicht endgültig entschieden, sondern lediglich vorläufig.
Aufgrund der beschriebenen Umstände müsste unseres Erachtens das zuständige Bundesministerium noch vor der endgültigen Vergabe seine bisherige Entscheidung korrigieren bzw. rückgängig machen, um nicht weitere zahlreiche Arbeitsrechtsverstöße unter der Flagge des Staates zuzulassen.
Für uns ist aber eins jetzt schon klar: Ungeachtet der letztendlichen Vergabeentscheidung des Staates werden wir weiter gegen die Missstände bei den profitorientierten privaten Sicherheitsfirmen und für bessere Arbeitsbedingungen in der Luftsicherheitsbranche kämpfen!
Luftsicherheit braucht zwingend bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen – Kostenspiele mit der Luftsicherheitsaufgabe zu Lasten der Beschäftigten stoppen!