Flughafen Köln/Bonn: Sicherheitskräfte werden vom BDLS-Mitgliedsunternehmen um den Lohn geprellt!

Özay Tarim

von Özay Tarim ver.di Gewerkschaftssekretär

BDLS Mitgliedsunternehmen IWS Industrie-Werkschutz GmbH

Flughafen Köln/Bonn: Sicherheitskräfte werden vom Mitgliedsunternehmen des Arbeitgeberverbands BDLS extrem um den Lohn geprellt!

Auftraggeber von der Sicherheitsfirma IWS am Flughafen Köln/Bonn ist das Frachtunternehmen DHL Airways GmbH (eine Tochtergesellschaft der DHL Group und gehört zur Business Unit DHL Express):

An diesem Standort werden die tarifvertraglich vereinbarten Grundlöhne des Sicherheitspersonals von der Firma IWS um „sage und schreibe” 4,70 € (!!!) pro Stunde unterlaufen (Stand 01. September 2024)!

Abgezockt: IWS wendet bei der DHL falsche Tarifverträge an!

Die Beschäftigten in der Luftsicherheitsbranche müssen sich fast tagtäglich mit den Arbeitgebern auseinandersetzen. Immer wieder werden unsere Kolleginnen und Kollegen an den Verkehrsflughäfen mit Problemen konfrontiert. Es geht sogar soweit, dass die Beschäftigten um ihre Lohnzahlungen bangen müssen (Beispiel ESA Luftsicherheit GmbH). Was wir jetzt aber wieder aufgedeckt haben, ist schon sehr abgezockt! Die Sicherheitsunternehmen in der Luftsicherheitsbranche werden wohl immer einfallsreicher und dreister.

Tatort Flughafen Köln/Bonn – „Objekt DHL“:

DHL am Flughafen Köln/Bonn

Der Flughafen Köln/Bonn ist u. a. Drehkreuz für große Expressdienstleister (Fracht) wie UPS, FedEx und DHL. Tausende Tonnen Fracht starten täglich in die ganze Welt und das 24/7. Für DHL Airways GmbH gehört dieser Flughafen deshalb zu den wichtigsten Luftfracht-Umschlagplätzen. Dieses Unternehmen beauftragt und setzt am Flughafen Köln/Bonn in seinem Werksbereich auch ein privates Sicherheitsunternehmen ein. Eine private Sicherheitsfirma Namens IWS Industrie-Werkschutz GmbH mit Sitz in Aschaffenburg (Bayern). Das Sicherheitspersonal von IWS muss beispielsweise folgende Tätigkeiten im „Objekt DHL“ ausführen: 

  • Kontrolle der Umschlaghalle
  • Bürogebäude und Außenbereich nach möglichen Gefahren und Schäden sowie unbefugten Personen kontrollieren
  • Diebstahlprävention
  • Fahrzeugkontrolle inkl. entsprechender Dokumentation
  • Überwachung aller Ein- und Ausgänge sowie Zaunkontrolle

Bevor die IWS-Sicherheitskräfte überhaupt beim Frachtunternehmen DHL am Flughafen Köln/Bonn zum Einsatz kommen, müssen sie zwingend einige Voraussetzungen erfüllen. Es handelt sich hierbei u. a. um Vorgaben des Kapitel 11 gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 der Kommission vom 05. November 2015 zur Festlegung detaillierter Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards für die Luftsicherheit. Um eine entsprechende Tätigkeit im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn ausüben zu können bzw. zu dürfen, müssen die Sicherheitskräfte erfolgreich Luftsicherheitsschulungen zum Beispiel gemäß Nummer 11.2.3.9 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/ 1998 absolviert haben und eine positive Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 LuftSiG nachweisen. 

Allein schon an Hand dieser zwingenden Vorgaben erkennt man sehr deutlich, dass es sich hierbei NICHT um Aufgaben und Tätigkeiten aus der allgemeinen Sicherheitsbranche handelt, sondern um welche aus der speziellen Luftsicherheitsbranche. Warum wir das an dieser Stelle so detailliert erklären und beschreiben, hat damit zu tun, dass dieses Sicherheitsunternehmen (IWS Industrie-Werkschutz GmbH) in zwei separaten Arbeitgeberverbänden der Sicherheitswirtschaft Mitglied ist. Die Sicherheitsfirma IWS ist sowohl Mitglied im BDSW (Bundesverband der Sicherheitswirtschaft – allgemeine Sicherheitsbranche) als auch im BDLS (Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen). 

Rosinenpickerei – IWS wendet falsche Tarifverträge im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn an!

Mit diesen beiden Arbeitgeberverbänden (BDSW und BDLS) schließen wir als Gewerkschaft ver.di auch jeweils separate Tarifverträge ab. Für die IWS-Beschäftigten im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn gelten nachweislich die Tarifverträge für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen (Entgelt- und Manteltarifvertrag). Diese Tarifverträge sind mit dem Arbeitgeberverband BDLS vereinbart worden und müssen auch deshalb von der Sicherheitsfirma IWS als Mitgliedsunternehmen des BDLS ohne wenn und aber umgesetzt werden. Im Geltungsbereich des Entgelttarifvertrags für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen ist ganz klar geregelt, für wen dieser Tarifvertrag gilt:

Auszug aus dem Tarifvertrag für die Luftsicherheitsbranche:

Die zwingenden Vorgaben und Voraussetzungen, die das Sicherheitspersonal im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn erfüllen muss, unterliegen genau diesen tarifvertraglichen Bestimmungen in der Luftsicherheitsbranche. Für das Sicherheitspersonal von IWS gilt deshalb der Tarifvertrag für das Sicherheitspersonal an Verkehrsflughäfen und NICHT wie von IWS praktiziert, der Tarifvertrag aus der allgemeinen Sicherheitsbranche. Der BDSW-Tarifvertrag (allgemeine Bewachung NRW) kann auch deshalb für die IWS-Beschäftigten am Objekt DHL keine Anwendung finden, weil im Geltungsbereich des NRW-Tarifvertrags die Tätigkeiten bzw. Sicherheitsdienstleistungen nach dem Luftsicherheitsgesetz eindeutig ausgeschlossen sind. 

Auszug aus dem NRW BDSW-Tarifvertag (keine Gültigkeit am Flughafen):

Alexander Gresser ist Geschäftsführer von der Sicherheitsfirma IWS und sitzt u.a. auch bei den Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband BDLS mit am Verhandlungstisch. Er weiß also ganz genau, welcher Tarifvertrag für die Beschäftigten Anwendung findet. Die Tätigkeiten und Vorgaben im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn sind so eindeutig, dass eine Verwechselung von Tarifverträgen ausgeschlossen ist. 

ABGEZOCKT – tariflicher Grundlohn für Sicherheitspersonal um 4,70 € (!!!) pro Stunde unterlaufen!

Das Sicherheitspersonal von IWS am Flughafen Köln/Bonn wird also statt mit dem aktuellen tariflichen Stundengrundlohn von 20,19 € (TV Luftsicherheit), tatsächlich nur mit einem Stundengrundlohn von 15,49 €!!! vergütet. Damit wird der tarifvertragliche Stundengrundlohn für Sicherheitskräfte im Objekt DHL genau um den Betrag von 4,70 € pro Stunde!!! unterlaufen! Uns liegen Lohnabrechnungen von Beschäftigten vor, die diesen Tarifvertragsbruch deutlich belegen. IWS hat also nicht die Stundenvergütung aus dem Tarifvertrag für die Luftsicherheitsbranche (Entgeltgruppe 3) angewandt, sondern einen Stundengrundlohn aus dem NRW-Bewachungstarifvertrag – der hier ganz klar keine Anwendung findet – zur Auszahlung gebracht. Laut den Lohnabrechnungen wurden zwar auch sogenannte Objektzulagen gezahlt, aber auch mit dieser Zulage wurde der tarifliche Stundengrundlohn (EG 3 TV Luftsicherheit) deutlich unterschritten. Offenbar wollte man mit der Zahlung einer zusätzlichen Objektzulage die falschen bzw. niedrigen Stundengrundlöhne kaschieren. Das ist echt abgezockt! Einfach einen anderen Tarifvertrag anwenden und mal eben 4,70 € pro Stunde einsparen! Die monatliche Arbeitszeit im Objekt DHL am Flughafen Köln/Bonn beträgt bei Vollzeit mindestens 174 Stunden. Das Ergebnis dieser Trickserei bei IWS ist schnell zusammengerechnet: 174 Stunden mal 4,70 € ergibt eine satte Summe von 817,80 € brutto, die mindestens pro Beschäftigten jeden Monat an Lohnbestandteilen widerrechtlich vom Arbeitgeber einbehalten werden! Am Objekt DHL wird nicht nur der Lohntarifvertrag falsch angewandt, sondern auch der Manteltarifvertrag. Den Beschäftigten werden nämlich auch u. a. die Zuschläge für Feiertags- und Nachtarbeit falsch berechnet. IWS vergütet die Feiertagsarbeit statt mit 125 % (TV Luftsicherheit), lediglich mit 100 % (TV Wach- und Sicherheitsbranche NRW) und die Nachtarbeit statt mit 20 % (TV Luftsicherheit), nur mit 10 %. Die tarifliche Jahressonderzahlung in Höhe von 25 % eines monatlichen Regelentgelts wird den Beschäftigten ebenfalls komplett vorenthalten.

Jetzt muss aber zunächst IWS Geschäftsführer Alexander Gresser diesen Tarifvertragsbruch bzw. die Tricksereien in seiner Kölner-Niederlassung erklären. Die Beschäftigten sind offenbar mehrere Monate systematisch von IWS getäuscht und falsch vergütet worden. Die BDLS-Mitgliedsunternehmen hatten sich noch Ende 2022 einen Verhaltenskodex gegeben. Der Arbeitgeberverband wollte mit diesem Kodex das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Mitgliedsunternehmen im Zusammenwirken mit öffentlichen Institutionen, Auftraggebern und der Öffentlichkeit fördern. Aber die Vorgehensweise dieses BDLS-Mitgliedsunternehmens steht deutlich im Widerspruch zu diesem Kodex. Jetzt ist wieder der Arbeitgeberverband BDLS gefordert. Wie wird dieser Tarifvertragsbruch geahndet? Der bei den Beschäftigten entstandene große finanzielle Schaden muss umgehend – und zwar rückwirkend – korrigiert werden. Wir lassen keine Ausreden mehr zu! IWS hat nämlich nicht einen Abrechnungsfehler begangen, nein hier sind, wie es scheint, die Beschäftigten systematisch über den Tisch gezogen worden.

Am Flughafen Köln/Bonn gibt es neben DHL noch zwei weitere große Frachtunternehmen, nämlich UPS und Fedex. Diese beiden Akteure setzen ebenfalls private Sicherheitsfirmen im Werksbereich ein. Die Firma Kötter Aviation ist bei UPS und Pond Security bei FedEx für die Sicherheitsaufgaben verantwortlich. Kötter und Pond sind auch Mitgliedsunternehmen im Arbeitgeberverband BDLS und wenden – im Gegensatz zu IWS – die richtigen Tarifverträge an und vergüten die Sicherheitskräfte im Werkschutz gemäß der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrags für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen mit 20,19 € pro Stunde.

IWS verschafft sich wohl mit dem Tarifvertragsbruch bzw. mit den billigeren Löhnen einen Wettbewerbsvorteil am Flughafen Köln/Bonn gegenüber seinen Arbeitgeberverbandsmitgliedern. Die Leidtragenden sind leider wieder die Beschäftigten in diesem Unterbietungswettbewerb in der Luftsicherheitsbranche!

Wir werden jedenfalls nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und haben bereits die Beschäftigten über den Tarifvertragsbruch informiert. Die geschädigten Beschäftigten sollten nun mit unserer Unterstützung juristische Schritte gegen die Verantwortlichen am Flughafen Köln/Bonn einleiten!!!

DHL ist als Auftraggeber von der IWS ebenfalls in der Verantwortung und muss dafür Sorge tragen, dass die richtigen Tariflöhne in seinem Betrieb am Flughafen Köln/Bonn gezahlt werden.

Die Kostenspiele mit der Luftsicherheitsaufgabe müssen endlich ein Ende haben!