Luftsicherheits-Schulungsverordnung wurde überarbeitet und trotzdem bleibt ein ABER!

Özay Tarim

von Özay Tarim

Die Luftsicherheits-Schulungsverordnung wurde nach Überarbeitung am 21.07.2023 im Bundesgesetzblatt neu verkündet und trotzdem bleibt ein ABER!

Die Vorgaben zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Luftsicherheitsfachkräften schießt weiterhin deutlich übers Ziel hinaus und bleibt damit unverändert!

Die überarbeitete Luftsicherheits-Schulungsverordnung (LuftSiSchulV) gilt seit Ende Juli 2023. Sie enthält eine Vielzahl von Änderungen in verschiedenen Bereichen. Ein entscheidendes Themenfeld bleibt aber in der Umsetzung für uns weiterhin streitig. Nämlich: Die Vorgaben zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Luftsicherheitsfachkräften!

Eignungsuntersuchungen dienen der Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Beschäftigten an die jeweilige Tätigkeit. Eignungsuntersuchungen können durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgeschrieben sein. Die Eignung von Luftsicherheitsfachkräften an den Verkehrsflughäfen umfasst neben der persönlichen Zuverlässigkeit (§ 7 LuftSiG) und der Erfüllung des allgemeinen Anforderungsprofils auch die physische und psychische Tauglichkeit. Die nun überarbeitete Luftsicherheits-Schulungsverordnung schießt aus unserer Sicht aber in puncto Feststellung der gesundheitlichen Eignung von Luftsicherheitsfachkräften weiterhin deutlich übers Ziel hinaus! Ständig berichten uns die Beschäftigten von Problemen bei den regelmäßig durchgeführten Eignungsuntersuchungen. Aufgrund der hohen Anforderungen führen die Gesundheitsuntersuchungen sogar manchmal bis zur Tätigkeitsuntersagung.

Es gibt wohl kaum ein Tätigkeitsfeld (Luftsicherheit), wo so viele Kontrollen und Prüfungen bei den Beschäftigten durchgeführt werden. Die Luftsicherheitsfachkräfte werden nämlich fast täglich auf “Herz und Nieren” geprüft ( z. B. offene oder verdeckte Sicherheitstests). Hinzu kommen noch regelmäßige Rezertifizierungs- oder Tauglichkeitsprüfungen. Es ist aber allgemein bekannt, dass die Rahmen- und Arbeitsbedingungen in der Luftsicherheit schlecht sind (gekennzeichnet durch Schichtarbeit, Nachtarbeit, Feier- und Sonntagsarbeit,  Mehrarbeit, Überstunden, Personalmangel, hohe Arbeitsbelastungen, psychische Belastungen, hohe Krankenstände) und trotzdem werden weiterhin sehr hohe gesundheitliche Anforderungen an die Beschäftigten gestellt. Für die Luftsicherheitsfachkräfte ist es schon fast unmöglich, unter diesen beschriebenen Bedingungen gesund und leistungsfähig zu bleiben. 

Die Ausschreibungen zur Vergabe der Luftsicherheitsaufgaben müssten bereits berücksichtigen, dass die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld so gestaltet werden, das gute Arbeit möglich ist. Heute tragen die Ausschreibungen leider mit dazu bei, dass sich die Bedingungen in den letzten Jahren in der Luftsicherheit verschlechtert haben.

Deshalb ist unsere Forderung: Abschaffung der Richtlinien über die gesundheitlichen Anforderungen an Luftsicherheitsfachkräfte und die Streichung dieser Vorgaben aus der neuen Luftsicherheitsschulungsverordnung! Durch die aktuelle Regelung wird für alle Luftsicherheitsfachkräfte die Anforderung so noch weiter verschärft. Es muss damit Schluss sein! Das Kriterium muss einzig und allein sein, ob die Anforderungen der Tätigkeit durch den allgemeinen Gesundheitszustand erfüllt werden können. 

Die hohen Anforderungen stehen deutlich im Widerspruch zu den vorherrschenden Arbeitsbedingungen. Demnach müssten die gesetzten Maßstäbe bzw. die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Bestandspersonal in der Luftsicherheitsbranche aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen differenziert Anwendung finden. Betriebsärzte müssten die Beschäftigungsjahre der Luftsicherheitsfachkräfte sowie die schlechten Arbeitsbedingungen bei den Untersuchungen stets mit berücksichtigen. Wir können es nicht mehr akzeptieren, dass beispielsweise die Bundespolizei die Beleihungen unserer Kolleginnen und Kollegen widerruft, aber zu den schlechten Arbeitsbedingungen in der Luftsicherheit, die hauptsächlich die gesundheitlichen Probleme bei den Beschäftigten verursachen, schweigt. Auch für die Beschäftigten, die schwerbehindert oder auch gleichgestellt sind, müssen dringend bessere Bedingungen geschaffen werden. Für diese Kolleginnen und Kollegen wird vom Dienstleister oder auch vom Auftraggeber kaum etwas getan. Die Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen versuchen immer wieder im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen, werden aber dabei von den privaten Sicherheitsunternehmen abgeblockt. Oft sind die wirtschaftlichen Interessen dieser profitorientierten Firmen wichtiger, als der Gesundheitsschutz der eigenen Beschäftigten. Wir haben deshalb mit den Auftraggebern in der Luftsicherheit Kontakt aufgenommen und werden auch in den nächsten Tagen Veränderungen für die Beschäftigten einfordern.

Unsere Kolleginnen und Kollegen leiden schon seit vielen Jahren unter den schlechten Arbeitsbedingungen und fordern deshalb von den Verantwortlichen nun endlich mehr Gesundheitsschutz sowie bessere Arbeitsbedingungen – Schluss mit hohen Anforderungen an die gesundheitliche Eignung von Bestandspersonal!

Hier die Übergangsregelungen für das Bestandspersonal in der Luftsicherheit:
 

LuftSiSchulV § 3 – Schulungsvoraussetzungen – Luftsicherheitskontrollpersonal und Sicherheitspersonal nach Nummer 11.1.9 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 über die erforderlichen mentalen und physischen Fähigkeiten und Eignungen zur wirksamen Wahrnehmung der ihm zugewiesenen Aufgaben verfügen muss und bereits zu Anfang des Einstellungsverfahrens auf die Art dieser Anforderungen hinzuweisen ist.

LuftSiSchulV § 35 – Übergangsregelung – Luftsicherheitskontroll- und Sicherheitspersonal, dass vor Inkrafttreten der Verordnung Aufgaben im Bereich Luftsicherheit wahrgenommen hat, als im Sinne von § 3 Absatz 2 mental und physisch geeignet gilt, um die ihnen zugewiesenen Aufgaben wirksam wahrnehmen zu können.

In der Anlage 1 der Luftsicherheits-Schulungsverordnung sind die Kriterien der mentalen und physischen Geeignetheit von Luftsicherheitskontrollpersonal näher beschrieben: 

Punkt 2. “Die arbeitsmedizinische Bestätigung über die Geeignetheit im Sinne von § 3 Absatz 2 ist dem zukünftigen Arbeitgeber entweder durch die betreffende Person oder durch den Arzt vor Ausbildungsbeginn zuzuleiten.

Für Luftsicherheitskontrollpersonal gilt, dass die arbeitsmedizinische Bestätigung spätestens dem Antrag zur Zertifizierung durch die zuständige Luftsicherheitsbehörde beizufügen ist (§ 10 Nummer 3), es sei denn, dass das Luftsicherheitskontrollpersonal privater Sicherheitsunternehmen beliehen werden soll. In diesem Fall ist die arbeitsmedizinische Bestätigung des Luftsicherheitskontrollpersonals bereits vor Ausbildungsbeginn der zuständigen Luftsicherheitsbehörde und dem zukünftigen Arbeitgeber vorzulegen.

Die ärztliche Untersuchung umfasst alle zur Prüfung der Geeignetheit notwendigen Untersuchungen. Die Entscheidung darüber, welche Untersuchungen hierfür notwendig sind, liegt im Ermessen des untersuchenden Arztes.”

Punkt 3. “Umfang der ärztlichen Untersuchung von Luftsicherheitskontrollpersonal. Die Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollpersonal nach den Nummern 11.2.3.1 bis 11.2.3.5 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 stellt über das übliche Maß hinausgehende Anforderungen an die physische und psychische Leistungsfähigkeit und ist mit Beanspruchungen wie

– längeres Stehen, gebückte Haltung, Heben und Tragen von Lasten,
– Wechselschichtdienst mit Nachtarbeit,
– arbeiten unter Zeitdruck und
– sicherheitsempfindlichen Aufgaben mit hoher Verantwortung und Kontrollaufgaben verbunden.
Daher sollte die ärztliche Untersuchung Folgendes beinhalten:
– die Anamnese,
– eine Sehprüfung (entfällt für Tätigkeiten nach Nummer 11.2.3.4 und 11.2.3.5 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 sowie für Personen, die keine Röntgengeräte oder Sprengstoffdetektoren bedienen): Visus nach DIN 58220, Teil für die Entfernungen Ferne, 55 cm, 33 cm und Farbensehen nach zwei Testverfahren (Tafelsysteme/Farbtestscheibe),
– eine Hörprüfung: ausreichendes Hören (Audiometrie als Pflichtvorsorgeuntersuchung nach Anhang zur ArbMedVV (Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge) Teil 3 (1) für Tätigkeiten mit Lärmexpositionen, Tabelle 1, Hörtest LL, Testfrequenz 1 – 6 kHz) und
– eine körperliche Untersuchung: Körpergröße und -gewicht, Blutdruck und Herzfrequenz, Auskultation von Herz und Lunge, funktionelle Untersuchung der Wirbelsäule, Einbeinstand links und rechts, Stehversuch nach Romberg, Tretversuch nach Unterberger, Prüfung tätigkeitsbezogener Bewegungsbilder (Gangbild, Hocke/Kniebeuge u. ä.), Urinstatus (z. B.: Combur 10® Schnelltest).

Weitere Untersuchungen sind im Einzelfall nach Ermessen des Arztes oder der Ärztin zu veranlassen.

Punkt 4. Ausschlusskriterien für eine Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollpersonal nach den Nummern 11.2.3.1 und 11.2.3.2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 sind:

– Sensorium: eingeschränkter Visus (ggf. c.c.) < 0,8 binokular; Einäugigkeit; unzureichendes Farbsehen bei mehr als zwei Fehlern bei Ishihara-/ Velhagentafel oder Panel D 15, unzureichendes Hörvermögen,
– Erkrankungen des Nervensystems und Psychosomatik: cerebrales Anfallsleiden, klinisch auffällige Hirnleistungsschwäche und/oder Kommunikationsstörung, ausgeprägte psychische oder psychisch beeinflusste (psychosomatische) Erkrankungen, Zustand nach Hirnverletzungen, Alkohol-, Suchtmittel- oder Medikamentenabhängigkeit,
– Herz-/Kreislauferkrankungen: Herz-Rhythmus-Störungen von Krankheitswert, sonstige leistungseinschränkende Herzkrankheiten,
– Atemwegserkrankungen: belastungseinschränkende Atemwegserkrankungen,
– Magen-/Darm-Erkrankungen: leistungseinschränkende chronische Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, chronisch aktive Krankheiten der Leber,
– Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus (Typ I; Typ II soweit unzureichend eingestellt), sonstige leistungseinschränkende endokrine Störungen,
– Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates: chronisches Wirbelsäulensyndrom, leistungsmindernde chronische Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Bewegungseinschränkungen und Instabilität der großen Gelenke, wesentliche Beeinträchtigungen der Tast- und Greiffunktionen der Hände und
– sonstige Erkrankungen: zum Beispiel maligne Erkrankungen, übertragbare (infektiöse und parasitäre) Krankheiten oder leistungseinschränkendes Über- oder Untergewicht. Im Falle, dass Personen nur Teilaufgaben der in den Nummern 11.2.3.1 und 11.2.3.2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 genannten Tätigkeiten ausüben sollen, kann die zuständige Luftsicherheitsbehörde im Einzelfall Abweichungen von den Ausschlusskriterien genehmigen. Sollte sich zukünftiges Luftsicherheitskontrollpersonal nach den Nummern 11.2.3.3 bis Nummer 11.2.3.5 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 im Rahmen der ärztlichen Untersuchung nach Ziffer 3 nach Ermessen des Arztes oder der Ärztin als ungeeignet erweisen, darf die betreffende Person die angestrebte Tätigkeit nicht ausüben.

Punkt 5. Das Luftsicherheitskontrollpersonal nach den Nummern 11.2.3.1 bis 11.2.3.4 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 muss über die gesamte Dauer seiner Tätigkeit über die vor der Einstellung nachgewiesenen mentalen und physischen Fähigkeiten verfügen, um die betreffenden Aufgaben wahrnehmen zu können. Die ärztliche Untersuchung ist deshalb grundsätzlich alle drei Jahre zu wiederholen. Der untersuchende Arzt ist berechtigt, sofern aus ärztlicher Sicht notwendig, im Einzelfall eine verkürzte Nachuntersuchungsfrist festzulegen.”