Abmahnung

Abmahnung vom Arbeitgeber erhalten – Was nun?

Gastbeitrag von Rechtsanwalt Christian Mertens (Rechtsanwaltskanzlei schwegler rechtsanwälte aus Düsseldorf)

Abmahnung vom Arbeitgeber erhalten – Was nun?

Viele Arbeitnehmer haben diese unangenehme Erfahrung schon gemacht: der Arbeitgeber ist der Ansicht, der Arbeitnehmer habe seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und dies müsse nun sanktioniert werden. Ein mögliches Sanktionsinstrument ist hier die in der Praxis wichtige Abmahnung.

Was aber ist eine Abmahnung und wie kann man sich dagegen wehren?

1)

Gesetzlich geregelt ist die Abmahnung allgemein für viele Vertragsarten in § 314 Abs. 2 BGB. Auch im Rahmen eines Arbeitsvertrages können beide (!) Arbeitsvertragsparteien einander abmahnen. Das heißt, dass nicht nur der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen kann. Vielmehr ist es auch dem Arbeitnehmer möglich, dem Arbeitgeber eine Abmahnung zu erteilen (Praktischer Fall: Ausbleibende Lohnzahlungen). Allerdings ist die Abmahnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber der praktische Regelfall.

Eine Abmahnung setzt zweierlei voraus: sie muss erstens eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung rügen und zweitens für den Wiederholungsfall einer ähnlichen oder identischen Pflichtverletzung arbeitsrechtliche Konsequenzen androhen. Fehlt die zweite Komponente, handelt es sich nur um eine schlichte Ermahnung. Gegenstand einer Abmahnung können grundsätzlich Pflichtverletzungen jeder Art aus dem Arbeitsvertrag sein, also Haupt- oder Nebenpflichtverletzungen. „Klassiker“ im Bereich der abzumahnenden Pflichtverletzungen sind zum Beispiel das Zuspätkommen zur Arbeit oder das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Krankmeldung.

Die dem Arbeitnehmer erteilte Abmahnung wird in dessen Personalakte aufgenommen. Wichtig für den Arbeitnehmer: schon die erste Abmahnung begründet die Gefahr, bei einer ähnlichen oder identischen Pflichtverletzung im Wiederholungsfall eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung zu erhalten. Häufiger Irrtum insoweit auf der Arbeitnehmerseite: der Arbeitgeber müsse dreimal erfolglos abmahnen, erst dann könne er kündigen – das ist nicht zutreffend! Richtig ist allein, dass sich der Arbeitgeber im Falle geringfügiger Verstöße regelmäßig nicht nur auf eine Abmahnung beschränken darf. Gerade im praktisch wichtigen Fall des häufigen Zuspätkommens, mahnen Arbeitgeber deshalb häufig mehrfach ab.  

2)

Da die Abmahnung regelmäßig die Vorstufe zu einer ordentlichen oder gar außerordentlichen Kündigung sein kann, sollte der Arbeitnehmer sehr genau prüfen lassen, ob sich ein rechtliches Vorgehen gegen die Abmahnung lohnen könnte.

Der Arbeitnehmer kann sich grundsätzlich gegen eine Abmahnung auf zwei Arten wehren: der erste Weg führt über eine Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Das BAG bejaht in ständiger Rechtsprechung einen solchen Anspruch nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 1, 242 BGB, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (vgl. nur BAG vom 19.07. 2012 – 2 AZR 782/11, NZA 2013, 91, 92).

Zweitens hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Gegendarstellung zu der Abmahnung anzufertigen und diese zur Personalakte nehmen zu lassen. Dieser Anspruch des Arbeitnehmers folgt (auch in betriebsratslosen Betrieben!) aus § 83 Abs 2 BetrVG. Mit Einfügung einer solchen Gegendarstellung in die Personalakte bleibt der Vorwurf des Arbeitgebers nicht unwidersprochen stehen. Zuweilen kann dies ein günstiger und schneller Weg für den Arbeitnehmer sein.

3)

Arbeitnehmer sollten sich nach Erhalt einer Abmahnung im Einzelfall stets durch einen Rechtsbeistand (z.B. Rechtsanwalt, Gewerkschaft) beraten lassen, ob und inwieweit ein Vorgehen gegen eine erteilte Abmahnung Aussicht auf Erfolg hat.

Hinweis: Der vorliegende Beitrag hat nur informatorischen Charakter. Er stellt keine Beratung dar und ersetzt auch keine konkrete Beratungsleistung von Rechtsanwälten oder Gewerkschaften.